Nach einem Unfall wollte ich die betreffenden Akten einsehen, doch es hieß, dafür bräuchte ich einen Anwalt. Warum ist das so? Wie kann ich als Geschädigter an Infos aus den Polizeiakten kommen, um meine Schadensersatzansprüche gegenüber der gegnerischen Versicherung durchzusetzen? Gibt es einen Grund, sich von einem Anwalt vertreten zu lassen?, will ZEIT-ONLINE-Leser Jannis Wagner wissen.

Ermittlungsakten enthalten in der Regel Schriftstücke im Original und sind Kernbestandteil des Ermittlungsverfahrens. Ein Rechtsanwalt als juristischer Fachmann soll garantieren, dass mit diesen Akten sorgsam umgegangen wird. Der Gesetzgeber hat daher dem Rechtsanwalt allein die Befugnis gegeben, außerhalb von Behörden die Ermittlungsakten in seine Kanzlei übersandt zu bekommen.

Allerdings kann ein Geschädigter bei einem berechtigten Interesse auch ohne Anwalt zumindest Auskünfte und Abschriften aus der Ermittlungsakte erhalten. "Dies trifft vor allem auf die Verkehrsunfallanzeige zu", sagt der Rechtsanwalt Andreas Krämer aus Frankfurt am Main. "Daraus ergeben sich in der Regel alle für Schadenersatzansprüche relevanten Daten, etwa die Unfallbeteiligten, deren Fahrzeuge mit amtlichem Kennzeichen, die Unfallschilderung und eventuelle Zeugen." An Informationen zur Versicherung kommt der Geschädigte über den Zentralruf der Versicherungswirtschaft, wenn er das amtliche Kennzeichen nennt.

Die Vorteile, einen Anwalt aufzusuchen, sieht Krämer vor allem in den komplizierten Verhandlungen um Schadensersatz mit dem geschulten Sachbearbeiter der gegnerischen Versicherung. Denn ein Anwalt kenne die Ansprüche des Geschädigten im Detail und könne sie auch besser durchsetzen: "Von vielen dem Geschädigten gesetzlich zustehenden Ansprüchen hat dieser vermutlich noch nie etwas gehört." Krämer warnt davor, sich als Geschädigter auf eine Regulierung durch die Werkstatt und sonstige Dritte einzulassen oder den Schaden gar selbst zu regulieren.

Hohe Kosten verursacht es in der Regel nicht, einen Anwalt für Verkehrsrecht zu beauftragen. Denn für den unschuldig Geschädigten entstehen meistens keine Kosten, da das Honorar des Rechtsbeistands als Schadenersatzposition ebenso von der Gegenseite zu erstatten ist wie Gutachter- oder Arztkosten.