Alters­vorsorge Warum wir von Index­policen abraten

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Alters­vorsorge - Warum wir von Index­policen abraten

Geschönt. Index­policen sind nicht so gut, wie das Marketing verspricht. © Getty Images / Eugene Mymrin

Falsche Versprechen, intrans­parente Konstrukte und unkalkulier­bare Renditen machen die Produkte für die Alters­vorsorge unge­eignet.

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Es klingt zu schön, um wahr zu sein: Von den Renditen der Aktienmärkte profitieren – ohne das Risiko eines Verlusts. Das versprechen Index­policen, eine Form der privaten und betrieblichen Alters­vorsorge. Doch damit versprechen sie zu viel.

Unser Rat

Indexfonds. Index­policen sind keine Alternative zu Indexfonds und ETF. Wenn Sie lang­fristig Vermögen mit Aktienfonds aufbauen wollen, sollten Sie das direkt mit einem ETF-Sparplan oder einer Fondspolice tun.

Sofortrente. Ein großer Teil Ihrer Rente ist bei einer Index­police nicht garan­tiert. Eine Index­police bringt bei der Rentensicherheit also wenig Vorteil gegen­über einer Sofortrente zu einem späteren Zeit­punkt.

Leser­aufruf. Sparen Sie mit einer Index­police für Ihr Alter? Sind Sie mit der Entwick­lung zufrieden oder unzufrieden? Mit welchen Argumenten wurden Sie zum Abschluss einer Index­police über­zeugt? Wir interes­sieren uns für Ihre Erfahrung! Schreiben Sie uns bitte eine Mail an: indexpolice@stiftung-warentest.de

Index­policen sind keine Aktien­anlage

Index­policen bedienen sich eines möglicher­weise einkalkulierten Miss­verständ­nisses: Die enthaltene Indexbe­teiligung ist keineswegs ein ETF, mit dem Anle­gerinnen und Anleger tatsäch­lich in die Aktien eines Index wie dem welt­weiten Aktien­index MSCI World investieren. Statt­dessen investieren sie in ein Finanz­konstrukt, dessen Erfolg von dem Verlauf eines solchen Index abhängig ist.

Besonders ärgerlich wird das, wenn Versicherer wie die Stutt­garter oder SV Sparkassen­versicherung mit Beteiligung an „grünen“ Indizes werben, die Kundin oder der Kunde damit aber keinen Cent in grüne Aktien investiert. Das Geld landet in der allgemeinen Geld­anlage des Versicherers, die ganz anders aufgestellt sein kann. Im Fall der Stutt­garter ist zwar auch die allgemeine Geld­anlage des Versicherers nach­haltig ausgelegt, aber weniger streng als der Index.

Tipp: Wie Sie wirk­lich grün anlegen können, steht in unserem Artikel Nachhaltige Fonds und ETF.

Beteiligung gleicht einer Wette

Wer von den Renditen einer lang­fristigen Aktien­anlage profitieren will, muss mit dem Verlustrisiko leben, das eine solche Anlage mit sich bringt. Bei Index­policen scheint es keinen Verlust zu geben. Doch das ist nicht richtig dargestellt.

Wett­einsatz kann richtig hoch werden

Klassische private Renten­versicherungen bieten eine Verzinsung in Form von Über­schüssen. Beim Markt­führer Allianz betragen die in diesem Jahr beispiels­weise 2,6 Prozent. Bei einer Index­police kann Kundin oder Kunde nun eine Wette eingehen: Entweder sie oder er streicht in einem Jahr die sichere Verzinsung ein, oder sie setzen sie als Wett­einsatz für eine Indexbe­teiligung ein. Läuft die Indexbe­teiligung gut, können sie mehr als 2,6 Prozent bekommen, läuft sie dagegen schlecht, ist das einge­setzte Geld weg.

Gerade zum Ende der Lauf­zeit kann dieser Wett­einsatz recht hoch werden. Angenommen, 50 000 Euro sind im Vertrag und die Verzinsung beträgt 2,6 Prozent, dann sind es 1 300 Euro, die verloren gehen können.

Manche Versicherer bieten eine höhere Mindest­verzinsung als Null. So werden die Sparbeiträge beim Tarif „Klassikmodern IndexZins“ des Volks­wohl Bund mit 1 Prozent verzinst, bei „Rente Index Plus“ von LV 1871 sind es 0,25 Prozent.

Intrans­parente Konstruktionen

Damit die Wette erfolg­reich ist, reicht es außerdem nicht, dass der Index gut gelaufen ist. Der Dax kann auf Jahres­sicht ein Plus von 10 Prozent gemacht haben, aber eine Index­police mit „Dax-Beteiligung“ dennoch eine Null­rendite abwerfen.

Das liegt an der Beteiligungs­konstruktion der Index­policen, die meist auf Monats­basis berechnet werden. Monate mit Verlusten werden dabei voll mitgenommen, Monate mit Gewinnen aber nur zum Teil. Dafür sorgt eine Beschränkung, der sogenannte „Cap“.

Index­policen nehmen Erholung nicht voll mit

Beispiel. Der Aktienmarkt bricht in einem Monat um 20 Prozent ein. Die minus 20 Prozent werden für diesen Monat fest­geschrieben. Im nächsten Monat erholt sich der Aktienmarkt schon wieder und steigt um 25 Prozent. Wenn der „Cap“ der Index­police bei aktuell üblichen 2,2 Prozent liegt, werden nur diese dem Vertrag gutgeschrieben. Die Indexbe­teiligung der Kunden ist damit noch 17,8 Prozent im Minus. Weniger als null wird ihnen zwar nicht ange­rechnet, aber dass das Jahr für sie noch positiv endet, ist sehr unwahr­scheinlich. Normale ETF-Anleger profitieren dagegen voll von der Erholung.

Rendite wird gekappt

Statt eines Caps nutzen manche Anbieter eine prozentuale „Beteiligungs­quote“. Der Effekt ist ähnlich. Die Höhe von Cap und Beteiligungs­quote kann vom Versicherer jedes Jahr angepasst werden. Sie ist abhängig von der Höhe der klassischen Über­schuss­beteiligung der Versicherer. Sinkt die Über­schuss­beteiligung, sinken auch Cap oder Quote. Die abnehmende Verzinsung der Lebens­versicherungen trifft so auch die Index­policen-Sparer, die jedoch glauben könnten, vor allem vom Kapitalmarkt abhängig zu sein.

Markt­führer Allianz kombiniert die beiden Renditedämpfer sogar: Wählt Kundin oder Kunde als Index den europäischen Euro Stoxx 50, wird dessen monatliche Rendite zuerst bei 2,2 Prozent gekappt. Von der gekappten Rendite kommt nur die Beteiligungs­quote von 78,75 Prozent bei den Anlegern an. Auf eine solche doppelte Rendite­minderung verzichten alle anderen Anbieter.

Simulation zeigt geringe Chancen

Wir wollten wissen, wie hoch die Chance ist, dass man trotz dieser Konstruktionen eine ordentliche Rendite einfährt. Dafür haben wir Simulations­rechnungen mit Index­policen gemacht, die einen Stan­dard-Index wie etwa Dax, Euro Stoxx 50, S&P 500 oder MSCI World nutzen. Wir haben dafür aus den historischen Monats­renditen vom 31. Mai 2002 bis zum 31. Mai 2022 jeweils 100 000 mögliche Vertrags­jahre simuliert. Das Ergebnis ist ernüchternd.

Die Allianz Index Select nutzt unter anderem den europäischen Aktien­index Euro Stoxx 50. Bei dieser Indexbe­teiligung gibt es eine aktuelle Renditekappung bei 2,2 Prozent und die zusätzliche Beteiligungs­quote von 78,75 Prozent. Damit kam in 76 Prozent der Simulationen eine Verzinsung der Indexbe­teiligung von null heraus. Im Umkehr­schluss heißt das, nur in 24 Prozent der Jahre – und damit im Schnitt in weniger als jedem vierten Jahr – kam über­haupt eine positive Rendite heraus.

Tolle Renditen sind selten

Die Wahr­scheinlich­keit von Renditen von 4 Prozent und mehr liegt im Fall der Allianz nur bei 13 Prozent. Das Problem: Gerade am Ende der Lauf­zeit, wenn viel Geld im Vertrag ist, braucht man ordentliche Renditen. Hohe Verzinsungen am Anfang der Vertrags­lauf­zeit bringen nicht so viel. Die Wahr­scheinlich­keit, dass die ohnehin seltenen hohen Renditen zum Schluss der Lauf­zeit kommen, ist gering.

Volks­wohl Bund beteiligt fairer

Nicht über­all sehen die Chancen so schlecht aus wie bei der Allianz. Besser ist es beim Tarif „Klassik modern Index­Chance“ des Versicherers Volks­wohl Bund mit dem gleichen Index als Grund­lage. Bei unseren Simulationen liegt die Wahr­scheinlich­keit, eine Jahres­rendite über 0 Prozent zu bekommen, immerhin bei 35 Prozent und die Wahr­scheinlich­keit, über 4 Prozent zu gelangen, bei 25 Prozent. Dafür sind die Tarife des Volks­wohl Bund aber vergleichs­weise teuer und die garan­tierten Werte nied­riger als bei den anderen Angeboten.

Magere Durch­schnitts­renditen bei der Allianz

Im Durch­schnitt hätte die Verzinsung mit Indexbe­teiligung beim genannten Vertrag der Allianz in unseren Simulationen bei mageren 1,24 Prozent gelegen. Das ist deutlich weniger als die sichere Verzinsung von 2,6 Prozent. Beim Vertrag des Volks­wohl Bund lag die durch­schnitt­liche Verzinsung der Simulationen immerhin bei 3,3 Prozent. Das sind in diesem Fall mehr als die sichere Verzinsung von 2,85 Prozent. Allerdings wurde der Mittel­wert bei diesem Tarif in unseren Simulationen durch hohe Einzel­ergeb­nisse nach oben gezogen. Eine hohe Verzinsung ist auch hier keinesfalls sicher.

Undurch­sichtige Indizes

Anbieter wie etwa Barmenia oder Württem­bergische setzen nicht auf die immerhin noch trans­parenten und nach­voll­zieh­baren Stan­dard-Indizes. Sie berechnen ihre Indexbe­teiligung auf Basis selbst gestrickter Indizes wie dem „Barmenia­Index EU“. Das macht die Rendi­teentwick­lung noch undurch­schaubarer für die Kundinnen und Kunden und nimmt Finanztest die Möglich­keit, theoretische Renditen zu berechnen.

Für die Kunden ist es auch nach­teilig, wenn nur Kursindizes für die Berechnung benutzt werden, wie zum Beispiel bei allen Tarifen mit dem Euro Stoxx 50 und dem Allianz-Tarif mit dem S&P 500.

Bei ihnen fließen nur die Kurs­bewegungen ein, nicht aber Gewinne aus Dividenden wie bei Performance-Indizes. Kursindizes weisen also eine deutlich schlechtere Wert­entwick­lung auf als Performance-Indizes. Auch damit werden die Kunden um Renditen gebracht.

Rente unsicher

Ein weiteres Problem: Eine garan­tierte Rente gibt es nur für das garan­tierte Kapital des Vertrags. Für den Rest gibt es nur Mindest-Renten­faktoren. Die konkrete Rentenhöhe legen Versicherer erst fest, wenn die Rente ansteht. Ein guter Vertrags­verlauf bedeutet also nicht unbe­dingt eine gute Rente.

Versicherer verweigern Angaben

Einige Versicherer wollten sich nicht an unserem Test beteiligen. Die Angaben verweigert haben HDI, Neue Leben, SV Sparkassen­versicherung und die Württem­bergische.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 02.03.2023 um 13:59 Uhr
    SV IndexGarant

    @Robbsi: Bei dem genannten Produkt handelt es sich auch um eine Indexpolice. Bitte berücksichtigen Sie, dass wir keine individuelle Anlageberatung machen. Welche Anlage für Sie die beste Wahl ist, hängt unter anderem davon ab, welches Risiko Sie eingehen wollen und was das Ziel Ihrer Anlage ist. Sie finden hier auf test.de viele Artikel zur Geldanlage und Altersvorsorge z.B.: https://www.test.de/Altersvorsorge-im-Ueberblick-Rente-Betriebsrente-Lebensversicherung-5946176-0/ oder https://www.test.de/Anlagestrategie-Pantoffelportfolio-Einzahlphase-5179990-0/

  • Robbsi am 01.03.2023 um 21:46 Uhr
    SV IndexGarant

    Vielen Dank für diesen Artikel. Wäre das entsprechende Produkt der Sparkassenversicherung der SV IndexGarant gewesen?
    Ich habe dieses Produkt vor 7 Jahren abgeschlossen und bespare es mit knapp 200€ im Monat. Mit meinem heutigen Wissen würde ich dies nicht mehr tun. Bis zur Rente habe ich noch gute 30 Jahre. Ist ein Umstieg auf einen ETF auch in diesem Fall vermutlich noch die bessere Wahl?